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Gebrüder Wolf
Ihre Geschichte
Die Geschichte der einstmals überaus populären Gesangshumoristen "Gebrüder Wolf"
begann Ende des 19. Jahrhunderts in Hamburg. Auf diese Unterhaltungskünstler ist auch Hamburgs heimliche
Hymne "An de Eck steiht´n Jung mit´n Tüdelband" zurückzuführen. Die heute
weithin bekannte Fassung dieses Liedes findet nämlich ihren Ursprung in dem Couplet "Een echt Hamborger
Jung", für das Ludwig Wolf im Mai 1911 als Verfasser zeichnete, wie Helmut Glagla in "Das
plattdeutsche Liederbuch" ausführt.
1895 gründeten drei Söhne eines Schlachtergesellen aus der Hamburger Neustadt, Ludwig, Leopold
und James Isaac, das Wolf-Trio, um über viele Jahrzehnete ihr Publikum mit parodistischen Couplets,
witzigen Plaudereien und szenischen Possen zu unterhalten. Ihr Erfolg beschränkte sich hingegen nicht
nur auf Hamburg. Ihre Tourneen führten sie unter anderem auch nach Berlin, Dresden, Erfurt, Kopenhagen
und Oslo.
James verließ das Trio im Jahre 1906 und übernahm einen Zeitungsladen in der Eimsbüttler
Bismarckstraße. Ludwig und Leopold Isaac machten als Gebrüder Wolf weiter und hatten 1911/12 in
der Revue " Rund um die Alster " als Fietje und Tetje ihren künstlerischen Durchbruch. Aufgrund
der antisemitischen Strömungen in Deutschland nahmen nahezu alle Mitglieder der jüdischen Familie
Isaac Ende März 1924 den Künstlernamen Wolf auch als ihren Familiennamen an.
Leopold Wolf, der gewissermaßen die kaufmännische Leitung der Gebrüder Wolf wahrnahm, setzte
den künstlerischen Erfolg auch in einigen wirtschaftlichen Unternehmungen fort. Zum Höhepunkt seiner
Aktivitäten gehörten ihm das Ausflugslokal "Waldwiese" in Kiel, und in Hamburg das Varieteetheater
"Hammonia" am Besenbinderhof sowie das Operettenhaus am Spielbudenplatz. Und selbst eine Fabrik zur
Herstellung von Nährmitteln unter dem Namen "Wolf & Franzen" gehörte zu den meist gemeinsam
mit seinem ältesten Sohn geführten Unternehmen. Über den Verlag und die Musikalienhandlung Bendiner
wurde gleichzeitig eine Plattform für den Vertrieb von Textblättern mit den Couplets der Gebrüder
Wolf geschaffen.
1926 verstarb Leopold Wolf. An seine Stelle trat sein Sohn James Iwan Wolf, der alle Lieder kannte und fortan mit
seinem Onkel Ludwig auf der Bühne stand. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten erhielten die
Gebrüder Wolf Auftrittsverbot. Ihre populären Lieder wurden von den Hamburgern zwar weiterhin gesungen,
aber "Snuten und Poten", " Dat Paddelboot", " De kugelrunde Deern " und die vielen
anderen beliebten Lieder hatten nun offiziell keine Autoren mehr.
1939 verließ James Iwan Wolf seine Heimatstadt Hamburg und emigrierte mit seinem Bruder Donat nach
Shanghai - später nach New York. Im Exil traten sie noch mehrfach in den Kostümen ihres Vaters und
Onkels als Gebrüder Wolf auf, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Ihr Onkel James Wolf, der Mitbegründer
des Wolf-Trios, wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert und ebenso wie zahlreiche andere Mitglieder der Familie
von den Nationalsozialisten ermordet. Ludwig Wolf überlebte die Verfolgung dank seiner Popularität und
seiner nichtjüdischen Ehefrau. Er verstarb 1955 in Hamburg.
In ihrer Heimatstadt gerieten die Gebrüder Wolf nach 1945 nahezu in Vergessenheit, bis der Hamburger Filmemacher
Jens Huckeriede 1995 auf ihre Geschichte aufmerksam wurde. Er lernte 1999 Nachkommen der Familie in Schweden und Kalifornien
kennen; unter ihnen auch Dan Wolf, einen Urenkel von Leopold Wolf. Dan Wolf (Jg.1975) lebt als Schauspieler, Musiker und Autor
in San Francisco und erfuhr erst über Jens Huckeriede von der Popularität seiner Hamburger Vorfahren. Ende 2000
besuchte er Hamburg und stand seither gemeinsam mit seiner Gruppe "Felonius" und Hamburger Musikern seiner
Generation mehrmals auf Hamburger Bühnen.
Johann-Hinrich Möller
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